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BISMILLAHIR RAHMANIR RAHIM

Fragen und Antworten Amir Zaidan

yawm al-'arb`a' (29. Shaban 1436 )


Fragen und Antworten

Frage: Wie steht es mit der Hausarbeit?
Antwort: Die Frau ist nach der Scharia nicht zur Hausarbeit verpflichtet. Das heißt, daß sie im Heiratsvertrag festhalten kann, daß sie keine Hausarbeit machen will. Ansonsten gilt die allgemeine Sitte ('urf), d.h. wenn es allgemein üblich ist, daß der Mann arbeitet, und die Frau die Hausarbeit macht, sollte die Frau auch die übliche Hausarbeit machen. Es sollte jedoch nicht so sein, daß sie mit der Hausarbeit derart belastet ist, daß sie keine Zeit hat, ihre Kinder richtig zu erziehen oder sich selbst weiterzubilden. Heutzutage sind viele Frauen viel zu beschäftigt, um ihre Kinder richtig zu erziehen, oder sie sind zu wenig gebildet und nicht in der Lage, ihren Kindern Werte und Wissen zu vermitteln. In solchen Fällen "hüten" Frauen ihre Kinder, anstatt sie zu erziehen. Das ist nicht das, was sich der Islam unter "Erziehung" vorstellt. Die Frau muß genügend ausgebildet sein und genügend Zeit haben, um diese wichtige Aufgabe gut erfüllen zu können.

Amir Zaidan kritisierte in diesem Zusammenhang, daß viele Frauen nicht nur durch Hausarbeit, sondern auch noch durch Erwerbstätigkeit belastet sind. Wenn dies nicht unbedingt notwendig sei, sollte man sich fragen, ob es sinnvoll ist, daß die Frau einer Arbeit nachgeht, nur damit man sich eine größere Wohnung, eine schöneres Auto etc. leisten könne. Wenn Mann und Frau arbeiten, dann ist es notwendig, daß der Mann auch im Haushalt hilft, ansonsten handelt es sich um Ausbeutung.

Frage: Wenn eine muslimische Frau arbeiten oder studieren möchte, wie ist dies möglich in nicht-islamischen Verhältnissen, wo es keine Geschlechtertrennung gibt?
Antwort: Solange die islamischen Kleidungs- und Verhaltensregeln beachtet werden, ist dies kein Problem. Frauen und Männer können in einem Raum sein, verboten ist lediglich, daß ein Mann und eine Frau, die nicht miteinander so nah verwandt sind, daß eine Heirat ausgeschlossen ist (die sich also theoretisch heiraten könnten), sich alleine an einem abgeschlossenen Ort befinden, zu dem kein Dritter Zugang hat. Außerdem sollten Männer und Frauen nicht so nah nebeneinaner sitzen, daß sie sich berühren.

Frage: Wie ist es, wenn eine Frau als Ärztin oder Krankenschwester arbeitet und männliche Patienten berühren muß?
Antwort: Im Fall von Krankheit handelt es sich um eine Notlage, so daß es in diesem Fall kein Problem ist, wenn die Frau als Krankenschwester oder Ärztin einen Mann berührt. Man soll sich jedoch auf das Notwendige beschränken. Für Leute, die Kranke pflegen, gelten auch andere Erleichterungen, so ist z.B. ein Mann, der Kranke pflegt, von der Pflicht, am Freitagsgebet teilzunehmen, entbunden.

Frage: Wann sollte eine Frau heiraten?
Antwort: Wenn sie Lust dazu hat. (Allgemeines Gelächter)
Nachfrage: Es gibt viele Frauen, die sagen, sie wollen erst heiraten, wenn sie ihr Studium abgeschlossen haben, oder wenn sie in ihrem Beruf etwas Bestimmtes erreicht haben. Was ist davon zu halten?
Antwort: Das eine schließt das andere nicht aus. Man kann veheiratet sein und trotzdem studieren. Verhütung ist im Islam erlaubt, nur Abtreibung ist verboten. Wenn man sich die Studenten hier anschaut, so haben die meisten einen Freund oder eine Freundin. Wenn das im haram (Verbotenen) funktioniert, wieso dann nicht imhalal (Erlaubten)? Wenn eine Frau die Geschlechtsreife erlangt hat und den Wunsch verspürt zu heiraten, dann sollte sie heiraten.

Frage: Ist es islamisch in Ordnung, wenn die Frau arbeitet und der Mann zu Hause bleibt?
Antwort : Dies ist als zeitweilige Notlösung in Ordnung, wenn man das aber dauerhaft so macht, ist dies kein islamischer Lebensstil.

Frage: Gilt dies auch für den Erziehungsurlaub für Väter?
Antwort: Ja.

Frage: Wenn eine Frau arbeiten muß, und sie wird bei der Arbeit vor die Alternative gestellt, entweder das Kopftuch abzulegen oder die Arbeit zu verlieren, kann sie das Kopftuch dann ablegen?
Antwort : Gegenfrage: Ist das Kopftuch ein muß? (Antwort: Ja.) Ist Arbeiten ein muß? (Antwort: Nein, es ist ein kann). Damit ist die Frage beantwortet. Man kann nicht eine Muß-Vorschrift zugunsten einer Kann-Vorschrift vernachlässigen. Das wäre genauso, als wenn man lauter freiwillige Gebete macht, aber die Pflicht-Gebete nicht verrichtet - die freiwilligen Gebete sind dann umsonst.
Man muß sich bewußt sein, daß der Lebensunterhalt (rizq) nicht von der Arbeit kommt, sondern von Allah. Unsere einzige Aufgabe ist es, uns zu bemühen. Es handelt sich in diesem Fall um eine Prüfung (des Glaubens), und was wäre ein Leben ohne Prüfung?
Das Ablegen des Kopftuches ist islamisch nur gerechtfertigt, wenn eine wirkliche Not besteht, und Not ist islamisch so definiert, daß begründete Angst um das Leben besteht oder der Verlust eines Körperteils droht. In Deutschland leidet jedoch niemand Not. Eine Schwester, die vor dieser Alternative steht, soll sich für das Kopftuch entscheiden, und auf Allah vertrauen. Wie Allah (s.t.) gesagt hat, geht keinem Menschen sein rizq, das ihm in seinem Leben zusteht, verloren.
Das gleiche gilt übrigens für Männer, die einen Arbeitsplatz haben, an dem sie die Gebete nicht einhalten können. Man kann nicht seinen Iman (Glauben) für seine Arbeit opfern.

Ein Bruder merkte zu diesem Punkt an, daß man nicht so einfach aufgeben solle, sondern um seine Rechte am Arbeitsplatz kämpfen solle. In Deutschland besteht das Recht auf freie Religionsausübung, und dieses müsse man auch einfordern. Die Muslime in Deutschland seien in dieser Hinsicht noch viel zu wenig organisiert und oft zu untätig.

Frage: Und was ist mit Schülern?
Antwort: Die Schule ist verpflichtet, muslimischen Schülern die Möglichkeit zum Gebet zu geben.

Frage: Können Frauen alleine reisen?
Antwort: Die Gelehrten legten unterschiedliche Entfernungen/Zeiträume fest, innerhalb derer eine Frau alleine reisen kann (drei Tagesreisen, eine Tagesreise, 81 km). Entscheidend ist der Aspekt der Sicherheit. Heutzutage ist es kein Problem, wenn eine Frau z.B. in Berlin in den Zug einstiegt (vorausgesetzt, sie kommt sicher zum Bahnhof) dann zu einer anderen Stadt fährt, wo sie sicher zu ihrem Bestimmungsort kommt. Gleiches gilt für das Flugzeug. Es ist jedoch nicht erlaubt, daß eine Frau alleine eine größere Reise unternimmt. Auch wenn heute die Verkehrsmittel in vielen Länden sicherer geworden sind, Belästigung und Vergewaltigung gibt es überall.

Frage: Wie ist es mit der Hadsch für alleinstehende Frauen oder wenn kein mahram (Ehemann oder männlicher Verwandter, der die Frau nicht heiraten kann) mitkommen kann?
Antwort: Dieses Problem wird gelöst durch die sichere Begleitung. Hadsch-Reisen werden heutzutage in Gruppen organisiert (z.B. durch das HDI), mit der die Frau in sicherer Begleitung reisen kann.

Frage: In europäischen Ländern gibt es oft die Konstellation, daß der Mann ein Ausländer ist und die Frau eine Einheimische. Für den Mann kann es schwer sein, Arbeit zu finden, so daß er seine Frau auffordert zu arbeiten, bzw. wenn sie keine Arbeit findet, zum Sozialamt zu gehen. Was ist dazu zu sagen?
Antwort: Meiner Ansicht nach findet hier jeder Arbeit, wenn er sich genügend Mühe gibt. Ich erlebe es oft, daß z.B. die arabischen Männer nach Deutschland kommen, sehen, daß die Frauen hier arbeiten, und das dann ausnutzen, indem sie ihre (deutsche) Frau arbeiten lassen und sich selbst aufs Sofa setzen, mit der Ausrede, daß sie als Ausländer keine Arbeit finden. Was in ihrem Heimatland die größte Schande wäre, nämlich zu Hause zu bleiben und die Frau arbeiten zu lassen, praktizieren sie hier in Deutschland.
Nachfrage: Aber was ist, wenn die Frau wirklich vor der Wahl steht, entweder ohne Kopftuch zu arbeiten oder zum Sozialamt zu gehen, ist es dann nicht besser, das Kopftuch abzulegen?
Antwort: In einem solchen Fall ist es in Ordnung, Sozialhilfe zu beziehen, wenn man sich weiter um Arbeit bemüht. Keine Arbeit zu finden ist eine Situation, in der das deutsche Gesetz die Sozialhilfe vorsieht, die man dann auch beanspruchen kann.

Zum Thema Sozialhilfe: Amir Zaidan kritisierte in aller Schärfe Leute, die Sozialhilfe beziehen, obwohl sie eigentlich arbeiten könnten. Er sieht dies als verbreitetes Übel unter den Muslimen in Deutschland an, was für das Bild des Islam in Deutschland großen Schaden angerichtet hat. Wer Sozialhilfe bezieht, obwohl er arbeiten könnte, ist wie einer, der bettelt, obwohl er für seinen eigenen Lebensunterhalt sorgen kann. Ein Hadith besagt, daß jemand der bettelt, obwohl er arbeiten könnte, bei der Auferstehung am Jüngsten Tag kein Fleisch im Gesicht hat.
Noch schlimmer sind diejenigen, die schwarz arbeiten und Sozialhilfe beziehen. Denn dann handelt es sich um Betrug. Sozialhilfe ist eine Art Sadaqa, und Sozialhilfe unberechtigterweise zu beziehen ist genauso, als würde man unberechtigt Sadaqa nehmen.

Frage: Aber was ist mit Leuten, die hier Asyl haben oder nur geduldet sind und nicht arbeiten dürfen, sollen sie trotzdem arbeiten?
Antwort: Man muß sich an die Gesetze in Deutschland halten. Wenn man hierher kommt, hat man sich auf die Gesetze und Regeln in Deutschland eingelassen und dann muß man sie auch befolgen.

Frage: Was ist mit Kindergeld?
Antwort: Kindergeld ist ein Recht, daß der deutsche Staat jedem gewährt. Es gibt kein Problem, wenn man Kindergeld annimmt. Umar (r.a.) hat sogar selbst Kindergeld eingeführt.

Frage: Wenn eine Frau nicht Kopftuch tragen will oder andere Pflichten verletzt, ist der Mann dann für sie verantwortlich?
Antwort: Nein. Der Mann erfüllt seine Pflicht, wenn er seine Frau ermahnt, das Kopftuch zu tragen oder zu beten oder zu fasten, aber er kann sie nicht dazu zwingen.

Frage: Kann ein Mann, nur weil es so Sitte in seinem Land ist, der Frau verbieten, das Haus zu verlassen?
Antwort : Nein. Der Mann kann der Frau verbieten, Leute ins Haus zu lassen, von denen er nicht will, daß sie das Haus betreten, und er kann auch von seiner Frau verlangen, daß sie abends zu einer bestimmten Uhrzeit zu Hause ist (wegen der Sicherheit), aber er kann ihr nicht generell verbieten, das Haus zu verlassen. Die Frauen sollen die Möglichkeit haben, ihre Verwandten und Freundinnen zu besuchen, ihre Angelegenheiten zu erledigen und in die Moschee zu gehen. Es gibt einen Hadith, der den Männern untersagt, daß sie ihren Frauen verbieten, in die Moschee zu gehen.

Amir Zaidan